Eva Asselmann, Professorin für Persönlichkeitspsychologie

Eva Asselmann, Professorin für Persönlichkeitspsychologie

 

 

Wie ticken Karrieremenschen?

Viele Forscherinnen und Forscher haben versucht, herauszufinden, welche Charaktereigenschaften Menschen haben, die erfolgreich Karriere machen. Einige der genannten Merkmale: Ausdauer, Belastbarkeit, Fokus, Risikobereitschaft. Wir haben bei Eva Asselmann, Professorin für Persönlichkeitspsychologie an der Health and Medical University in Potsdam, nachgefragt.

Frau Professorin Asselmann, gibt es typische Persönlichkeitsmerkmale für Menschen, die Karriere machen, also beruflich erfolgreich sind?
Ja, eine ganze Reihe. Risikobereitschaft oder Mut gehören sicher dazu, wie auch Ausdauer. Diese Eigenschaften bauen aber alle auf den grundlegenden Persönlichkeitsmerkmalen auf, die wir die Big Five nennen.

Und welche Eigenschaften sind das?
Da ist einmal die Extraversion. Wer diese Eigenschaft hat, ist gesellig und gern unter Leuten. Diese Menschen unternehmen viel und sind tendenziell eher gut gelaunt. Die zweite Eigenschaft ist die Offenheit für neue Erfahrungen. Wer offen ist, ist kreativ und wissbegierig, probiert gern neue Dinge aus und nimmt dabei auch Risiken in Kauf. Dann gibt es die Verträglichkeit, die beschreibt, wie gut man mit anderen Menschen auskommt. Eine weitere Eigenschaft von beruflich erfolgreichen Menschen ist die emotionale Stabilität. Emotional stabile Menschen sind robust, stressresistent und können gut mit Belastungssituationen umgehen. Das fünfte Merkmal ist die Gewissenhaftigkeit. Gewissenhafte Menschen sind fleissig, zuverlässig und haben ihre sieben Sachen immer beieinander. Eine hohe Ausprägung all dieser Eigenschaften fördert häufig den Erfolg im Beruf.

Heisst das, ein eher introvertierter Mensch, oder jemand, der auch einmal auf Konfrontation geht, kann keine Karriere machen?
Man kann das nicht einfach so über einen Kamm scheren. Es kommt immer auch auf die genaue berufliche Situation und die Nische an. Für eine Forscherin oder einen Schriftsteller kann ein hohes Mass an Introversion von Vorteil sein, denn diese Menschen bleiben eher ruhig und können lange Zeit am Stück konzentriert arbeiten. Genauso kann jemand, der weniger auf Harmonie bedacht ist, in Berufen auftrumpfen, in den Verhandlungsgeschick gefragt ist, weil er seine eigenen Interessen besser durchsetzen kann und mit Konflikten direkter umgeht.

Ich gehe davon aus, dass die meisten von uns nicht bei allen Big Five hohe Ausprägungen haben. Kann man diese Eigenschaften auch lernen?
Tatsächlich sagten in Befragungsstudien 90 Prozent der Menschen, sie hätten gern höhere Ausprägungen bei den Big Five. Einfach auch, weil diese Merkmale positiv konnotiert sind. Wir alle wollen gewissenhaft sein, extrovertiert, charmant und offen. Und man kann natürlich in allen Bereichen an sich arbeiten. Man sollte sich aber vorher ganz genau überlegen, wo und wie man sich verändern möchte. Bei einer Person, die ein eher ruhiges Naturell hat, zurückhaltend und ausgeglichen ist, würde ich nicht empfehlen, zur extrovertierten Rampensau werden zu wollen. Viel besser ist es manchmal, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und diese bewusst zu nutzen.

Verändern sich die idealen Karriereeigenschaften mit den heutigen Anforderungen an Führungspersonen?
Einige Anforderungen verändern sich sicherlich, aber andere sind nach wie vor die gleichen. Auch wenn ich in einem System mit sehr flachen Hierarchien bin, ist es im Beruf beispielsweise immer noch hilfreich, selbstsicher auftreten zu können, zuverlässig zu sein und motiviert auf ein Ziel hinzuarbeiten. Und ich muss überzeugt sein, von dem, was ich tue. Somit sind die Big Five auch hier wichtig.

Können Eigenschaften in gewissen Machtpositionen überhandnehmen? Stichwort Selbstüberschätzung …
In der Tat gibt es auch ein «Zuviel-des-Guten». In dem Zusammenhang interessant und relevant ist das Merkmal des Narzissmus. Narzisstische Personen neigen zu Grandiosität und Selbsterhöhung. Sie tendieren dazu, andere Personen abzuwerten und sich selbst aufzuwerten. In Zusammenhang mit Führungspositionen spricht man auch von der dunklen Triade. Sie besteht aus drei Persönlichkeitsmerkmalen: Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Machiavellisten sind hinterhältig bis betrügerisch, die Psychopathie beschreibt Menschen, die keine Reue empfinden, ihre Mitmenschen manipulieren und sich verantwortungslos verhalten. Dieses Konglomerat tritt häufig gemeinsam auf und man trifft es leider nach wie vor auf Führungsetagen an.

Verändert sich die Persönlichkeit einer Person im Laufe ihrer Karriere?
Auf jeden Fall. In einer Studie mit etwa 3500 Berufseinsteigerinnen und -einsteigern konnten wir zeigen, dass diese Personen nach in den ersten Jahren im Job extrovertierter, gewissenhafter und etwas verträglicher wurden. Gerade beim Berufseinstieg übernehmen junge Menschen eine neue soziale Rolle und sie passen sich an die beruflichen Anforderungen an. Ebenfalls konnten wir zeigen, dass angehende Führungskräfte sich bereits einige Zeit vor dem Aufstieg in die Chefetage deutlich verändern: Sie werden extrovertierter, offener und risikobereiter. Möglicherweise, weil sie mehr aus sich herausgehen, sich aktiver präsentieren und mehr Networking betreiben, um auf sich aufmerksam zu machen (Mehr dazu in dieser Studie).

Ein Aufstieg geht oft auch mit mehr Verantwortung und einem erhöhten Stresslevel einher. Kann eine klassische Karriere gesund sein?
Es gibt Persönlichkeiten, die viel mehr aushalten als andere. Sie können wahnsinnig viel arbeiten. Doch Personen, die übermenschliche Erwartungen an sich selbst haben, tragen ein höheres Burnout-Risiko. Wichtig ist, dass man immer wieder Zwischenschritte macht und sich überlegt: Will ich das eigentlich? Stimmt das mit meinen persönlichen Werten und Zielen überein? Wie geht es mir dabei? Es ist wichtig, auch während einer Karriere genau hinzuschauen und rechtzeitig die Notbremse zu ziehen, wenn Stresssymptome überhandnehmen.

Zur Homepage von Prof. Eva Asselmann: evaasselmann.com

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