Die Arbeitswelt ist im Wandel – in einem sehr, sehr schnellen Wandel noch dazu. Das bedeutet, Berufe verändern sich und die Menschen, die sie ausführen, ebenso. Nicht immer gehen diese Veränderungen aber harmonisch vonstatten und der Beruf, der zu Beginn der Laufbahn noch der absolute Traumjob war, passt plötzlich nicht mehr so richtig. Man hat sich quasi auseinandergelebt.

Vielleicht war die Jobsuche bisher aber auch ein ständiger Kompromiss: Nehmen, was man kriegen kann – den Traumjob gibts ohnehin nicht und arbeiten tut man schließlich nicht zum Spaß, sondern um Geld zu verdienen. – Ganz schön konträr, diese beiden Positionen. Wir haben daher bei Karrierecoach Sonja Rieder nachgefragt, ob es den richtigen Beruf überhaupt gibt und wie man ihn findet.

Mythos Traumjob: Muss ich meinen Beruf lieben?

Wie kann es sein, dass manche Menschen im Beruf ihre Berufung finden und andere im Job nur ein Mittel zur Geldbeschaffung sehen? Gibts den „Traumjob“ vielleicht gar nicht für jeden? Sonja Rieder erklärt: „Der richtige Beruf ist einer, den man halbwegs gern macht und für den man sich immer wieder mal anstrengt. Man muss aber nicht absolut dafür brennen. Nicht jeder empfindet eine Leidenschaft für seinen Beruf. Das ist völlig normal, denn Menschen sind verschieden.“ Das ist beruhigend. Man muss seinen Beruf also nicht heiß und innig lieben, aber man sollte ihn gern machen.

"Ich weiß nicht, was ich machen kann …“ – Unwissenheit oder Unsicherheit?

Doch auch das ist für viele Menschen ein Wunschtraum und sie vegetieren in Jobs dahin, die mehr Qual als Freude bereiten. Danach gefragt, warum sie sich denn nichts anderes suchen, erklären sie häufig: „Ich weiß nicht, was ich sonst machen kann …“ Diese Situation kennt auch Sonja Rieder gut. Die meisten Menschen, erklärt sie, wüssten aber durchaus, was sie machen könnten, doch etwas hält sie davon ab: „Ich erlebe das nicht oft, dass jemand gar nicht orientiert ist. Das sieht bei manchen nur so aus. In Wahrheit sind die allermeisten sehr wohl orientiert, glauben aber, dass ihre Wunschrichtung aus irgendeinem Grund nicht geht. Entweder weiß die Person zu wenig darüber oder sie traut es sich nicht zu.“

„Die allermeisten sind sehr wohl orientiert, glauben aber, dass ihre Wunschrichtung aus irgendeinem Grund nicht geht.“

5 Fragen zur Berufsfindung: Wegweiser im Arbeitsleben

Um diese Unsicherheit zu überwinden, braucht man eine gute innere Leitlinie, der man vertrauen kann. Die Karriereberaterin erklärt: „Wir sind immer auf der Suche nach Hinweisschildern oder Wegweisern, die uns die richtige Richtung anzeigen. Fragen können solche Wegweiser darstellen.“ Mit diesen Fragen verschafft man sich Orientierung:

  1. Was war eine besonders gute Zeit in meiner bisherigen Laufbahn?

Diese Frage gibt Aufschluss über die eigenen Fähigkeiten und Vorlieben. Mit Detailfragen und auch der Außensicht von Kollegen, Freunden und Verwandten lässt sich mehr darüber herausfinden.

  • Was hat mir damals gefallen?
  • Was habe ich besonders gern gemacht?
  • Was hätte ich gern noch mehr vertieft?
  • Was findest du, was kann ich gut?
  1. Was war mein Berufswunsch in der Kindheit?

Auch frühe Berufswünsche könne einiges über sich selbst verraten. Wie Arbeitspsychologin Christa Schirl in diesem Artikel erklärt, geben die Traumberufe der Kindheit Aufschluss über die eigenen Vorlieben, Interessen und auch die Persönlichkeit: Möchte man schöpferisch arbeiten, im Mittelpunkt stehen, sich um andere kümmern? Diese grundlegenden „Richtungsweiser“ sind auch im Erwachsenenalter meistens noch zutreffend.

  1. Wie stehe ich zu den Berufen in meiner Familie und im Freundeskreis?

„Ich finde, wir sollten generell viel mehr mit Menschen über ihre Berufe sprechen. Nicht nur im Job selbst“, meint Karrierecoach Sonja Rieder. Denn von den allermeisten Berufen weiß man gar nicht, was sie eigentlich ausmacht und ob sie interessant wären. Durch Gespräche über die jeweiligen Tätigkeiten und den Arbeitsalltag kann man das herausfinden. Zudem sollte man sich fragen, so Rieder: „Bewundere ich bestimmte Personen oder beneide ich jemanden, um das, was er tut? Neid ist ein todsicherer Hinweis auf einen versteckten Wunsch.“

„Neid ist ein todsicherer Hinweis auf einen versteckten Wunsch.“

  1. Welche Fächer waren in der Schule relevant?

Genauso wie der Berufswunsch der Kindheit Aufschluss geben kann, liefern auch die Lieblingsfächer der Schulzeit Hinweise. Diese können aber trügerisch sein, gibt Sonja Rieder zu bedenken: „Was uns in der Schule interessiert hat, ist oft ganz stark von Lehrpersonen abhängig. Man sollte also immer hinterfragen, warum man das Lieblingsfach so gemocht hat.“

  1. Was interessiert dich generell im Leben, was liest du in der Zeitung?

Die generellen Interessen im Leben können uns unserem „Traumjob“ sehr nahe bringen. Denn ist der Beruf in einer Sparte angesiedelt, die man auch privat interessant findet, macht man ihn höchstwahrscheinlich „von Haus aus“ gern. Sonja Rieder gibt ein Beispiel: „Wenn jemand ein absoluter Sportsfreak ist und eine wirtschaftliche Ausbildung hat, kann er sich überlegen, ob er diese beiden Elemente kombinieren kann. Welche Berufsbilder gibt es, die beides vereinen?“

Welche Berufsbilder gibt es? Recherche muss sein!

So geht es dann zur eigentlichen „Arbeit“, denn die konkrete Berufsfindung braucht vor allem gute Recherche. Mit den Antworten auf die oben genannten Fragen hat man die Richtung(en) erkannt, in die es gehen könnte. In jeder Richtung warten aber vielfältige berufliche Möglichkeiten. Das erfordert einen gewissen Rechercheaufwand: „Man kann so gut wie nie zuvor recherchieren, welche Berufsbilder es gibt, welche Berufslaufbahnen es gibt. Das wirkt auch inspirierend“, betont Sonja, wie wichtig diese Informationen sind. Eine gute Recherchequelle seien, so Rieder, Berufsportale und auch Stelleninserate. „Sie verraten nicht nur, welche Jobs aktuell verfügbar sind, sondern auch, welche Fähigkeiten man dafür braucht und ob eine zusätzliche Aus- oder Weiterbildung dafür nötig ist.“

Das Gute an unserer schnell veränderlichen Arbeitswelt sei ja auch, so Rieder, dass lange Ausbildungen in vielen Berufen gar nicht mehr nötig seien und die Umorientierung oder der Quereinstieg meist schon ganz leicht möglich sei. „Man darf nie unterschätzen, welche Qualifikationen man sich im Laufe des Lebens auch außerhalb von Ausbildung und Berufserfahrung aneignet. Die meisten Menschen können viel mehr, als sie glauben. Oft gibt es für diese Fähigkeiten aber kein Zertifkat – man kanns halt einfach. Diese Kompetenzen sowie Soft Skills muss man im Lebenslauf besonders hervorheben.“ Wie wir immer sagen: Die Job- und Berufssuche beginnt mit einem Blick auf den eigenen Lebenslauf. Denn ein erfolgreicher CV verrät genau, welche Fähigkeiten und Erfahrungen dich auszeichnen.

 

Quelle: karriere.at

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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VON
Patricia Heemskerk

Patricia Heemskerk

Karriereberaterin